Unternehmer aus Leidenschaft

    AlpenHirt AG – Adrian Hirt ist am Puls der Zeit der nachhaltigen Lebensmittelsituation. Er produziert auf Augenhöhen mit den Bauern und nach höchsten Qualitätsstandards natürliches Trockenfleisch und Bündner Bergprodukte. Dabei greift er auf die Rezepte seines Urneni zurück und behält die Wertschöpfung in der Region. Er will sich auch visuell im Premiumsektor etablieren.

    (Bilder: zVg) Adrian Hirt verändert mit seinen Bündner Bergprodukten die Lebensmittelindustrie: Die Kühe für AlpenHirt werden komplett zu sortenreinen Produkten verarbeitet.

    Tschiertschen ist ein 220 Seelen-Dorf im Bündnerland, 10 Kilometer oberhalb von Chur. Das Aushängeschild der Berggemeinde ist der AlpenHirt mit seinem Verkaufslokal mitten im Zentrum im altehrwürdigen Pfarrhaus. Hier befindet sich der Standort für «Lädali» und Logistik des aussergewöhnlichen Trockenfleisch-Produzenten Adrian Hirt. Er hat den Trend der Konsumenten nach natürlich hergestellten Lebensmitteln früh erkannt und mit dem nötigen Durchhaltewillen hochwertige Lebensmittel auf dem Markt etabliert. Die Wertschöpfung erfolgt in der Region und die Geschichte ist authentisch. Dafür wurde dem Gründer und Inhaber der AlpenHirt AG vom Bündner Gewerbeverband ein Bergkristall sowie 3000 Franken als Innovationspreis 2020 verliehen. Für Hirt bedeutet diese Auszeichnung eine grosse Ehre: «Es ist ein schönes Zeichen der Wertschätzung, gerade von anderen Unternehmern gewählt zu werden, die wissen, was es heisst, ein KMU von Null aufzubauen. Seit Beginn war es neben all dem Positiven, auch ein harter Weg, der einen langen Atem bedingt. Immer wieder bin ich gerade bei den konventionellen Fleischhersteller auf Granit gestossen.» Doch aufgeben kam für den 36-jährigen Bündner, der bereits 2014, just zum Start seiner unternehmerischen Tätigkeit, den Jungunternehmerpreis erhielt, nie in Frage. Hirt ist ein Macher und Unternehmer aus Leidenschaft. Seine beeindruckende Geschichte zeigt eindrücklich auf, wie wichtig es ist, sich nach jedem Rückschlag neu aufzurichten. Im letzten Jahr sind sein Laden, Büros, Lager und seine eigene Wohnung abgebrannt. Der Jungunternehmer verliert auch in solchen Situationen seine positive Art nicht. Er nutzte die Zeit nach diesem einschneidenden Ereignis dazu, sein Sortiment zu straffen und sich neu auszurichten.

    Seine Urprodukte – verschiedene Salsiz-Sorten, Bergfleisch, aber auch Tiernebenprodukte aus dem Fett oder dem Leder – passen zum aktuellen Zeitgeist. Denn immer mehr Konsumenten wollen wissen, woher ihre Nahrungsmittel stammen, und wollen die Wertschöpfungsketten zurückverfolgen. «Wir geben immer mehr Geld für Krankheiten aus und weniger als sieben Prozent unseres Einkommens für Lebensmittel. In unserer Nahrung steckt in der Regel viel Chemie und ungesunde Zusatzstoffe, was zu Krankheiten, wie Diabetes-Typ-2 oder Übergewicht führt.» Als ehemaliger Qualitätsmanager im drittgrössten Schweizer Fleischverarbeitungsbetrieb weiss er, wovon er spricht: «Der überwiegende Anteil des Bündnerfleisches wird beispielsweise noch immer aus ausländischen Tieren produziert. Dies bedingt eine umweltbelastende Wertschöpfungskette», stellt Hirt fest. Ebenso stört er sich an der Art und Weise wie Fleisch produziert und konsumiert wird. «Oftmals bekommen die Tiere ein Futter aus Soja und anderen Zusatzstoffen, die sie in der Natur niemals fressen würden.» Deshalb ist für ihn klar, so kann es nicht weitergehen: «Die nächste Revolution betrifft die Ernährung», ist er überzeugt.

    Innovation aus der Tradition
    Den ersten Schritt dazu hat er bereits vor sechs Jahren gemacht, als er sich entschloss, nicht mehr Teil dieser globalisierten Lebensmittelindustrie zu sein und sich selbstständig machte. Als ausgebildeter Lebensmitteltechnologe, der unter anderem in einer Grossmetzgerei gearbeitet und in Jamaika einige Monate eine Metzgerei geleitet hat, hat er das Rüstzeug dazu. Er kennt das Metier bestens. «Ich wusste, dass ich etwas Sinnvolles machen wollte, das mir aber auch Spass macht», so Hirt. In seiner Philosophie geht es um Nachhaltigkeit und mit Sorgfalt hergestellte Produkte. Er steckt viel Herzblut in die nachhaltige Lebensmittelproduktion. AlpenHirt ist ein Label, das Bündner Trockenfleisch-Produkte nach strengsten ökologischen Standards produziert, so wie dies schon sein Urneni Toni Hassler gemacht hatte, den er gleich im Logo verewigte.

    Nachhaltig produziert, ohne Zusatzstoffe, Pökelsalz oder Zucker: Diverse Salsiz-Sorten und Bergfleisch, aus dem Bündnerland.

    Die gesamte Produktionskette von AlpenHirt baut auf die traditionelle Fleischverarbeitung auf. Die Rezeptur wurde von Generation zu Generation weitergegeben. «Die ganze Wertschöpfungskette ist transparent und nachvollziehbar», so Hirt. «Die Mutterkühe, die natürlich ernährt werden, wurden durchschnittlich zehn Jahre alt und verbrachten acht Alpsommer friedlich grasend und Kräuter wiederkäuend auf der Bündner Alp. «Nur gesunde und wesensgerecht gehaltene Nutztiere liefern uns gute und gesunde Nahrungsmittel», so das Credo von AlpenHirt. Die Transportwege der Tiere sind kurz. Oft werden die Kühne mit einem Lastwagen ins Unterland transportiert. «Was gut für das Tier ist, ist auch gut für den Bauer, für den Konsumenten, für die Produzenten sowie für den gesamten Kanton», sagt der innovative Jungunternehmer «So bleibt die Wertschöpfung in der Region.» In der Mazlaria Nay in Trun wird geschlachtet und zerlegt, bei der Sialm AG in Segnas getrocknet. Verpackt und versendet wird das reine und natürliche Trockenfleisch dann durch AlpenHirt aus dem Bündner Bergdorf Tschiertschen im Schanfigg in die gesamte Deutschschweiz. Alle Zutaten stammen aus der Region: «Ich setze Zusatzstoffe, Pökelsalz oder Zucker nicht ein, dafür Rotwein, Alpensalz und Gewürz, wie es einst mein Urneni tat.» Das einzelne Tier kann bis zum Bauer zurückverfolgt werden. «Ich kenne von jedem den Namen und die Herkunft.»

    Hirt ist sowohl nahe beim Bauern als auch beim Konsumenten – der persönliche Kontakt liegt ihm am Herzen. «Ich war in den ersten drei Jahren sehr aktiv unterwegs und im Kontakt mit Kunden an Messen, Märkten, in der Metzgerei oder beim Bauer. Rund 80 Bauern aus der Surselva gehören zu seinen Lieferanten. «Die Bauern habe alle eine Beziehung zu ihren Tieren aufgebaut. Seine Philosophie beinhaltet ein ethisches Umfeld. Dazu gehört für ihn auch ein wertschätzender Preis. «Bei mir bekommen die Bauern etwas mehr. Pro Kuh zahle ich rund 3300 Franken. Dementsprechend kosten auch unsere Produkte mehr», sagt Hirt.

    Mit grossen Plänen in die Zukunft
    15 Tonnen Trockenfleisch produziert Hirt pro Jahr und macht damit rund eine Million Umsatz. Zu seinen Absatzmärkten gehören der Direktverkauf an Messen und Märkten sowie in seinem «Lädali» in Tschiertschen, der Wiederverkauf in rund 120 Geschäfte in der Schweiz, vom Feinkost- und Bio-Laden über Globus, Manor bis hin zu Volg und Reformhäusern. Aktuell sehr beliebt ist auch der Online-Shop. «Hier konnten wir den Umsatz im letzten Jahr um rund 20 Prozent steigern.» Mit seinem reinen und natürlichen Trockenfleisch will Hirt nicht besser sein, sondern einfach anders und mit einer direkten, frechen und peppigen Art polarisieren. «Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, deshalb ist es schwierig, ihn für diese nachhaltige Lebensmittelproduktion zu sensibilisieren. Wir müssen unsere Philosophie immer wieder erklären und uns positionieren.» Das ist für den Gründer des Bündner Start-ups eine der grössten Herausforderung, die er aber mit viel Passion und Liebe zum Detail täglich meistert. Die Zeit für sein Anliegen ist reif, deshalb hat der junge Bündner für dieses Jahr grosse Pläne und gibt Vollgas. Dabei ist eine gesunde und nachhaltige Ernährung sein täglicher Antrieb» (vgl. Kasten).

    Corinne Remund


    NACHHALTIG WACHSEN

    Trotz Krise Visionen realisieren

    Adrian Hirt ist ein Macher. Immer wieder denkt er vorwärts, setzt sich neue Ziele und entwickelt Visionen. Für dieses Jahr hat er einen Relaunch seines Unternehmens geplant. «Mein Ziel ist es schweizweit der grösste Kleinproduzent für gesunde und nachhaltige Ernährung zu werden», erklärt der innovative Unternehmer. Und er konkretisiert: «Wir werden unser Produktesortiment ausbauen, immer aber auch einen Teil der Produkte selbst veredeln.» Dazu will der innovative Bündner sein Team erweitern und ist aktuell auf der Suche nach weiteren Wegbegleitern.

    Geplant ist zudem, die regionalen und nachhaltigen Produkte mit dem Relaunche klarer im Premium-Sektor zu etablieren und in absehbarer Zeit in der Westschweiz eine weitere Wertschöpfungskette aufzubauen.

    CR

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